Die Parodontologie ist die Lehre von Zahnhalteapparat. Der Zahnhalteapparat fasst die Gewebe zusammen, die den Zahn umgeben und ihn im Kiefer verankern.
Die Erkrankungen des Zahnhalteapparates sind mannigfaltig. Im Vordergrund stehen die plaqueassoziierten Gingivitiden (Zahnfleischentzündungen) und Parodontitiden (entzündungsbedingter Zahnbettschwund).
Die Zahnfleischentzündung beschränkt sich auf die sichtbaren Weichteile. Aus dem Blassrosa wandelt sich das Zahnfleisch in tiefrot, schwillt an und neigt zu Blutungen. Besonders erkennbar sind diese Phänomene im Bereich der Zahnpapillen.
Bei reduziertem Immunstatus, der Präsenz von Risikofaktoren (Rauchen, Stress, allgemeine Erkrankungen, Genetik etc.) sowie einem Überhandnehmen parodontopathogener Bakterien kann sich aus der Zahnfleischentzündung eine Parodontitis entwickeln: Die Entzündung des Zahnfleisches greif dann auf die tieferen Strukturen des Zahnhalteapparates über. Es kommt zum Knochenabbau und es entsteht eine Tasche. Diese ist ein Schlupfwinkel und Reservoir für Bakterien, welche die Parodontitis unterhalten und ein Fortschreiten der Erkrankung fördern können.
In 90-95% der Fälle ist eine schleichende Fortschreitung der Erkrankung zu verzeichnen, ohne dass Symptome auftreten. Man spricht in dem Fall von einer chronischen Parodontitis. Dieser Prozess geht meistens über Jahrzehnte und führt ohne Behandlung zur partiellen bzw. vollständigen Zahnlosigkeit.
Bei den anderen 5 -10% der Betroffenen schreitet die Erkrankung schnell voran. Das Zahnfleisch ist geschwollen und blutet oft, weist manchmal schmerzhafte Geschwüre auf. Der Knochenschwund ist massiv und rasch fortschreitend. Ohne Behandlung gehen die ersten Zähne schon im relativ jungen Alter verloren (30-35 Jahre), teilweise auch schon früher. Eine schnelleintretende Zahnlosigkeit ist dabei die Regel. Diese Form der Erkrankung wird aggressive Parodontitis genannt.
Ab dem 30. Lebensjahr liegt die Anzahl der von Parodontitis betroffenen Patienten zwischen 85 und 95 Prozent.
Parodontale Infektionen und Allgemeinerkrankungen.
Jede Form der parodontalen Erkrankungen ist eine infektiöse Erkrankung. Sie beeinträchtigt den gesamten Gesundheitszustand des Menschen und bleibt nie ein lokales Geschehen. Die Bakterien aus der Mundhöhle gelangen ständig in die Blutbahn. Beispielsweise ist es nachgewiesen, dass starke Zahnfleischentzündungen genauso viele Bakterien in die Blutbahn einschwemmen wie offene, nicht desinfizierte Wunde.
Neuen Erkenntnissen zufolge kann die chronische Infektionskrankheit "Parodontitis" zu schweren Allgemeinerkrankungen führen; sie muss mindestens als gewichtiger Risikofaktor für einige auch multifaktorielle Krankheiten betrachtet werden. Mit folgenden Allgemeinerkrankungen sind Interaktionen gesichert oder werden vermutet:
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
• Angina pectoris, Herzinfarkt, Endokarditis (direkte bakterielle Gefäßwandschädigung, Thromboseneigung).
• Schwangerschaftsprobleme:
• Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, erhöhte Säuglingssterblichkeit.
• Hirnschlag, Gehirnabszess.
• Lungeninfektionen.
• Diabates mellitus (vermindertes Ansprechen auf Insulin).
Es gibt auch direkte Zusammenhänge zwischen dem gehäuften vorkommen von Magengeschwüre bis hin zu Magenkrebs, Gelenksbeschwerden und parodontalen Erkrankungen.
Jedoch abgesehen von den oben genannten Erkrankungen stellt eine Parodontitis eine enorme Belastung für das gesamte Immunsystem dar. Die Abwehrkräfte des Organismus befinden sich in ständiger Konfrontation mit Bakterien in der Mundhöhle, um die Symptome einer Parodontitis "in Schach zu halten". Auch die Immunzellen in der Blutbahn stehen unter schwerer Last: Sie müssen die Bakterien neutralisieren, die aus der Mundhöhle nachkommen. In so einer Situation hat das Immunsystem weniger Chancen, anderen Krankheiten zu widerstehen. So haben virale und bakterielle Infekte, Pilzinfektionen aber auch die Krebszellen "grünes Licht" in dem Organismus.
Zweite Folgerung aus der infektiösen Herkunft der parodontalen Erkrankungen ist: Jede Infektionskrankheit ist ansteckend! Und hier müssen wir an unsere Liebsten denken.
Parodontitistherapie
Aus dem oben Gesagten wird die Notwendigkeit der Parodontitisprophilaxe und -therapie einleuchtend: Sie ist wichtig nicht nur für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden des Betroffenen, sondern auch für deren Angehörige.
Deshalb ist die Vorbeugung oder auch Eliminierung jeglicher Infektionsquelle aus der Mundhöhle das erste und wichtigste Ziel in unserer Praxisphilosophie.
Die Behandlung der parodontalen Erkrankungen ist ein Prozess, wobei die entscheidende Rolle der Mitarbeit des Patienten beizumessen ist.
Ziel der Behandlung ist es: weitgehende Reduktion von krankheitserregenden Bakterien und Schaffung des Platzdarms für die Knochenregeneration. Dies wird durch konservative oder auch operative (dies ist vom Stadium der Erkrankung abhängig) Maßnahmen erreicht. Nach der erfolgreichen antibakteriellen Therapie sollte bei Bedarf eine Rehabilitation der Mundhöhle mittels prothetischer Maßnahmen durchgeführt werden. Anschließend wird die Erhaltungstherapie durch regelmäßigen "Recalls" (Nachkontrollen, Nachbehandlungen, professionelle hygienische Unterstützung) gesichert.
Während der Gesamtbehandlung ist es von entscheidender Bedeutung, die Patienten in die Mundhygiene einzuweisen und für jeden Einzelnen individuell optimierte Hygienemaßnahmen zu entwickeln.